
Einerseits besticht Pieter Lastmans 'Verstossung der Hagar' durch seine bewegenden Darstellungen menschlicher Gefuhle, andererseits spiegelt das Werk auf doppelbodige Weise die politische Situation der Niederlande wider, die sich zur damaligen Zeit gerade von den katholischen Spaniern losgesagt hatten. Die 'Verstossung der Hagar', 1612 von Rembrandts Lehrmeister Pieter Lastman gemalt, ist eine der fruhesten Darstellungen einer der ungewohnlichsten Geschichten des Alten Testamentes. Nachdem Lastman dieses bewegende Thema aus dem Buch Mose 21, 9-14, in die niederlandische Kunst des 17. Jahrhunderts eingefuhrt hatte, wurde sein Gemalde zu einer wesentlichen Inspirationsquelle fur zahlreiche Maler bis weit in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Zweifellos lag dies an der Vielfalt der angesprochenen Gefuhle wie Eifersucht, Neid, Leidenschaft, Angst, Macht und Mutterliebe. Denn Hagar, die Dienerin und Mutter eines unehelichen Kindes des biblischen Stammvaters Abraham, wird in der Inszenierung nicht nur zu einem Sinnbild fur eine hochkomplexe menschliche Beziehung, sondern ihre Geschichte ermoglicht es zugleich auf ambitionierte und doppelbodige Weise, die Reflexion der besonderen politischen Situation ins Bild zu setzen, in der sich die junge Nation nach der Abspaltung von den, die Niederlande regierenden, katholischen Spaniern befand.